1. Frankfurter Inklusionsrennen
Gemeinsam mit strahlenden Augen ins Ziel
Kurz vor halb eins war der große Moment gekommen. 24 Jungen und Mädchen der Panoramaschule und der Paul-Hindemith-Schule harrten mit ihren Rändern an der Startlinie auf der Mainzer Landstraße auf den Beginn des ersten Frankfurter Inklusionsrennens. Und als es nur noch zehn Sekunden bis zum Startschuss waren, den die Frankfurter Sozialdezernentin und frühere Sportdezernentin Professor Dr. Daniela Birkenfeld geben sollte, da fingen sie an, gemeinsam den Countdown herunter zu zählen.
„An ihren Augen sehe ich, dass sie nervös sind“, sagte Michael Stenzel, der Schulleiter der Panoramaschule. Jeweils zwölf Jugendliche aus dieser Bildungsstätte für Menschen mit geistiger Behinderung im Stadtteil Nied hatten sich bei Begegnungen mit je einem Siebtklässler der Hindemith-Schule, einer integrierten Gesamtschule, zusammengefunden, mit dem oder der sie gemeinsam den drei Kilometer langen Rundkurs durch die City absolvieren wollten. Begleitet wurden sie dabei von einigen Lehrkräften.
Die Idee zu diesem ganz besonderen Rennen, das unter dem Motto „Gemeinsam ins Ziel“ stand, war am Valentinstag entstanden, bei der Verabschiedung des damaligen Eschborner Bürgermeisters Wilhelm Speckhardt. Georg Diehl, dem Besitzer des Reitstalls Georgshof in Nied, schlug sie dem Veranstalter des Radrennens, Bernd Moos-Achenbach, vor. Diehl lässt die Kinder der Panoramaschule auf seinen Pferden reiten, warum also sollten sie nicht auch am 1. Mai mitradeln? Moos-Achenbach war sofort begeistert, und kurzerhand wurde im Zeitplan eine Lücke für das Inklusionsrennen ausgeguckt. Schulleiter Stenzel war sowieso gleich Feuer und Flamme, seine Lehranstalt ist für ihren sportlichen Schwerpunkt bekannt.
Die Kinder selbst wurden in verschiedenen Sportkursen gefunden, die die Schule sowieso anbietet. Ihre Fahrräder, zu großen Teilen die eigenen, brachte man in der schuleigenen Werkstatt auf Vordermann. Wer kein Rad besaß, bekam eines gestellt. „Leider jedoch wurden uns in den Osterferien drei Räder gestohlen“, erzählt Stenzel und hofft jetzt, dass sich jemand findet, der für Ersatz sorgt.
Am Renntag selbst lief dann aber alles glatt. Problemlos kurvten die 24 Jugendlichen und ihre Begleiter durch die Innenstadt und freuten sich über die Zuschauer an der Strecke, die sie begeistert anfeuerten. Erst hinterm Ziel gab es auf dem rutschigen Asphalt die eine oder andere kleine Karambolage, aber alle standen sofort wieder fröhlich auf den Beinen.
„Gut“ sei es gewesen, erzählte der 14-jährige Panorama-Schüler Juliano, der mit seinem ein Jahr jüngeren Partner Mohamed nach 7:33 Minuten zuerst über die Ziellinie fuhr. „Er war manchmal schneller“, ergänzte Mohamed, „aber wir haben immer aufeinander gewartet.“ Dann hätten die beiden, so Juliano, „auf dem letzten Kilometer noch mal Gas gegeben“. Entsprechend hatten die Zweitplatzierten, Christian und Direncan, auch zwölf Sekunden Rückstand auf das Siegerduo. Auf Rang drei kamen nach 8:13 Minuten Kevin und Darien an.
Auf die Bühne durften bei der Siegerehrung dann aber alle und ließen sich, mit Urkunden in den Händen und Medaillen um den Hals, vom Publikum genauso professionell feiern wie die Topfahrer am Nachmittag. Sozialdezernentin Birkenfeld strahlte mit den sportlichen Schülern um die Wette: „Für mich war es selbstverständlich, den Startschuss hier zu geben“, erklärte sie. „Sport ist in jeder Hinsicht die beste Integration“, ein Projekt wie das Frankfurter Integrationsrennen sei deshalb vorbildlich. Und ganz sicher nicht zum letzten Mal Bestandteil des Renntags am 1. Mai.